Skip to main content
Pop digests
Pop Digest

Wer tut's wieder?

Unterschiedlicher Einfluss des Bildungstandes auf Zweitgeburten in Europa: eine Vergleichsanalyse anhand der EU-SILC-Daten

Die Geburtenraten in Europa sind durch beträchtliche Unterschiede zwischen den Staaten gekennzeichnet. Diese Unterschiede beruhen nicht auf einem unterschiedlichen Niveau der Kinderlosigkeit, sondern werden vielmehr durch unterschiedliche Zweit- (und Dritt-) Geburtenraten verursacht. Möglichkeiten und Hürden, die die Entscheidungen über die Familiengröße beeinflussen, stehen in enger Beziehung zu Bildungsabschlüssen.
Image
¿Quién lo vuelve a hacer?
Copyright: Halfpoint

Die Geburtenraten in Europa sind durch beträchtliche Unterschiede zwischen den Staaten gekennzeichnet. Diese Unterschiede beruhen nicht auf einem unterschiedlichen Niveau der Kinderlosigkeit, sondern werden vielmehr durch unterschiedliche Zweit- (und Dritt-) Geburtenraten verursacht. Möglichkeiten und Hürden, die die Entscheidungen über die Familiengröße beeinflussen, stehen in enger Beziehung zu Bildungsabschlüssen. Neueren Daten zufolge steht das Verhalten von Frauen mit hohem Bildungsstand möglicherweise sogar mit den allgemeingen Geburtenraten in Verbindung: In Staaten mit einem relativ hohen Level an Zweitgeburten sind auch die Geburtenrate insgesamt tendenzielle höher. Das bedeutet, dass  bessere Kenntnisse über die bildungsbezogenen Unterschiede dazu beitragen können, die unterschiedlichen Geburtenrate im heutigen Europa besser zu verstehen.


Frühere Forschungen zeigen beträchtliche Unterschiede in Bezug auf den Zusammenhang zwischen dem Bildungsabschluss von Frauen und Zweitgeburten: In manchen Staaten wird ein negativer Zusammenhang festgestellt, während für andere ein positiver oder nicht negativer Zusammenhang berichtet wird. Die vorliegenden Studien beziehen sich jedoch vorwiegend auf einzelne Länder, was einen Vergleich der Ergebnisse erschwert. Mit dieser neuen Studie ergänzen Martin Klesment, Allan Puur, Leen Rahnu und Luule Sakkeus die Literatur, indem sie den Zusammenhang zwischen den Bildungsabschlüssen von Frauen und ihren Partnern mit Zweitgeburten in verschiedenen Regionen Europas vergleichen. Die verwendeten Daten wurden bei den 2005 und 2011 durchgeführten Wellen der europaweit durchgeführten Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) erhoben.


Den Ergebnissen zufolge sind die Zweitgeburtenraten in Nord- und Westeuropa tendenziell höher. Niedrigere Zweitgeburtenraten sind in Süd- und Osteuropa zu verzeichnen (Abbildung 1). Dieses Muster entspricht der Einteilung der Gebiete in solche mit moderaten und deutlich unter dem Reproduktionsniveau liegenden Geburtenraten.


 



Abbildung 1: Unterschiede auf Länderebene bei Zweitgeburtsrisiken


Hinweis: Schätzung nach einem Modell mit quadratischer Spezifikation der Zeit seit der ersten Geburt und Alter (fortlaufend) bei der ersten Geburt. Kontrolliert für Bildungsniveau des Partners, Bildungsniveau der Frau, Geburtskohorte, ausländischer Hintergrund und dem Jahr der Erhebung. Die jeweiligen Kategorien der Kontrollvariablen finden sich in Tabelle 1.

Quelle: EU-SILC-Daten für 2005 und 2011, eigene Schätzung


 


Der Zusammenhang zwischen Bildungsabschluss und Zweitgeburten variiert nicht nur zwischen den einzelnen Staaten, sondern auch zwischen größeren geografischen Gebieten in Europa. Diese Schwankungen gelten auch für Männer, allerdings in geringerem Umfang als für Frauen. Nordeuropa zeigt einen positiven Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und der Geburt eines zweiten Kindes, wobei Frauen mit hohem Bildungsstand signifikant höhere Wahrscheinlichkeiten für Zweitgeburten aufweisen als ihre Pendants mit mittlerem oder niedrigem Bildungsstand. In Westeuropa zeigt sich ein positiver Zusammenhang bei den Männern, für die Frauen jedoch ein U-förmiges Muster. Dieses Muster ist auf die deutschsprachigen Staaten zurückzuführen, in denen Bildungsabschlüsse von Frauen offenbar umgekehrt proportional zu Zweitgeburten im Verhältnis stehen. In Ost- und Südeuropa überwiegt zwischen dem Bildungsniveau von Frauen und Zweitgeburten ein negativer Zusammenhang.


Wohl eines der bemerkenswertesten Resultate dieser Studie besteht darin, dass der hohe Bildungsstand eines Partners in den zentralöstlichen und südöstlichen Regionen Osteuropas keinen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Zweitgeburt auszuüben scheint. Stattdessen geht in diesen beiden Gebieten tendenziell eher ein niedriger Bildungsabschluss mit erhöhten Zweitgeburtenraten einher. Den Ergebnissen zufolge ist somit innerhalb Europas auch der Zusammenhang zwischen der Bildung des männlichen Partners und der Geburt eines zweiten Kindes unterschiedlich.


Diese Studie lässt wichtige Schlüsse zu: Erstens belegt sie für Länder und Regionen systematische Unterschiede bezüglich des Einflusses von Bildung auf die Wahrscheinlichkeit von Zweitgeburten. Diese Unterschiede entsprechend den verschieden stark unter dem Reproduktionsniveau liegenden Fertilitätsraten, die sich in den letzten Jahrzehnten in Europa entwickelt haben. Zweitens scheint das Verhalten von Frauen mit hohem Bildungsstand für das Niveau der Zweitgeburtenrate und der Gesamtgeburtenrate einer Region maßgeblich zu sein. In Gebieten, in denen Akademikerinnen niedrigere Zweitgeburtenraten aufweisen als Frauen mit mittlerem und niedrigem Bildungsstand, ist die Fertilität tendenziell geringer. Dem Mechanismus der Opportunitätskosten zufolge beruhen die beobachteten unterschiedlichen Einflüsse des Bildungsniveaus möglicherweise auf kontextuellen Besonderheiten wie der Geschlechtergerechtigkeit und einer institutionellen Unterstützung im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beschäftigung, Karriere und Elternschaft.


 


 


Please note that only the English version is citable as this is the version that has been approved by the author(s). Please cite the Digest as: Vono de Vilhena, Daniela and Matthiesen, Sigrun (2014): Who Is Doing It Again: Varying association between education and second births in Europe: Comparative analysis based on the EU-SILC data. FamiliesAndSocieties Digest 11. Berlin: Population Europe. Available at: http://population-europe.eu/pop-digest/who-doing-it-again. (Date of Access)


This Population Digest has been published with financial support from the Progress Programme of the European Union in the framework of the project “Supporting a Partnership for Enhancing Europe’s Capacity to Tackle Demographic and Societal Change”.