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Lampedusa erzählt nicht die ganze Geschichte

Migranten aus dem subsaharischen Afrika sind in Europa noch immer eine kleine Minderheit

Jedes Mal wenn ein neues Boot mit afrikanischen Flüchtlingen Lampedusas Strände oder die der Kanarischen Inseln erreicht, folgt auch eine neue Welle der medialen Debatte über die afrikanische Migration nach Europa. Verschiedene Staaten schufen sogar neue politische Instrumente, um auf die Massen neuer Migranten zu reagieren, die sie erwarten.
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Lampedusa Does Not Tell the Full Story
Copyright: Mischa Krumm - Fotolia

Jedes Mal wenn ein neues Boot mit afrikanischen Flüchtlingen Lampedusas Strände oder die der Kanarischen Inseln erreicht, folgt auch eine neue Welle der medialen Debatte über die afrikanische Migration nach Europa. Verschiedene Staaten schufen sogar neue politische Instrumente, um auf die Massen neuer Migranten zu reagieren, die sie erwarten.


Doch die tatsächlichen Zahlen für Migranten aus subsaharischen Staaten Afrikas sind viel geringer als der öffentlliche Diskurs gelegentlich vermuten lässt, wie eine Forschungsarbeit von David Lessault und Cris Beauchemin zeigt.


 


Italien und Spanien - die neuen Aufnahmestaaten


Die Forscher werfen einen genaueren Blick auf die Daten, die zu der Migration aus subsaharischen Staaten nach Europa vorliegen.


Selbst in Spanien und Italien, den inzwischen von diesen Migranten bevorzugten Staaten, sind die Zahlen noch niedrig. Sie machen nur knapp 4 % der Zuwandererpopulation in Spanien aus und knapp 8% in Italien. In beiden Staaten sind sie zahlenmäßig deutlich den Immigranten aus Europa, Nordafrika und Lateinamerika (Spanien) beziehungsweise Asien (Italien) unterlegen. (Siehe Tabelle 1)


 



Tabelle 1: Die Einwanderungspopulation von Spanien und Italien nach Geburtsregion, 2006


 


Frankreich und Großbritannien sind schon wesentlich länger traditionelle Ziele für Migranten aus West- und Ostafrika. Doch selbst dort ist ihr Anteil an der Gesamtpopulation der Zuwanderer relativ gering, wie Lessault und Beauchemin zeigen. Daten aus Frankreich zufolge machten 2004 Menschen aus der Subsahara-Region 12 % der gesamten Zuwandererpopulation aus, während dreimal so viele aus Europa oder Nordafrika stammen. (Siehe Grafik 1)


 





Grafik 1: Die Einwanderungspopulation in Frankreich nach Herkunftsregion, 2004


 


Aus Sicht der Forscher könnte das perzipierte Anwachsen dieser Zuwanderergruppe in Europa der Tatsache geschuldet sein, dass sie früher praktisch nicht existent war. In Frankreich waren bei der Volkszählung von 1962 nur 20.000 subsaharische Zuwanderer erfasst worden. In anderen europäischen Staaten lagen die Zahlen sogar noch darunter. Im Jahr 2004 hatte ihre Zahl 570.000 erreicht – immer noch weniger als 1 % der gesamten französischen Bevölkerung.


 


Die Bedeutung der Migration ohne Ausweispapiere


Eine der großen Befürchtungen im politischen und öffentlichen Diskurs ist eine mögliche Verzerrung dieses Bildes, weil Migranten ohne Ausweispapiere durch die Maschen der Statistik rutschen. Laut Lessault und Beauchemin trifft dies nur teilweise zu.


Zunächst einmal könnten Zuwanderer, die ursprünglich ohne gültige Dokumente eintrafen, zu einem späteren Zeitpunkt sehr wohl einen rechtmäßigem Aufenthaltstitel erlangen. Das ist vor allem dann wahrscheinlich, wenn es durch politische Maßnahmen wie das französische Legalisierungsprogramm von 1997/98 und vergleichbare Programme in Spanien und Italien begünstigt wird.


In den beiden letzteren Staaten belegen die Zahlen aus diesen Programmen erneut eine Abnahme des Anteils der Menschen aus subsaharischen Staaten: In Italien sank ihr Prozentanteil in den Legalisierungsprogrammen von 14 % in 1998 auf 5 % im Jahr 2002, in Spanien von 14 % auf 7 % im Jahr 2001.


Natürlich stellen nicht alle Migranten ohne Ausweispapiere einen Antrag auf Legalisierung, und nicht alle Anträge werden bewilligt. Auf der Grundlage der Daten aus dem französischen Programm vermuten die Forscher, dass auf die 42.000 Anträge von Menschen aus dem subsaharischen Afrika genauso viele Individuen kommen, die keinen Antrag gestellt haben. Addiert man diese Zahl zu der Zahl der bei der Volkszählung von 1999 erfassten Individuen hinzu, folgt daraus noch immer keine beträchtliche Zunahme: In der Gesamtpopulation der Zuwanderer wächst der Anteil der Menschen aus der Subsahara-Region von 9 % auf unter 11 %.


 


Die meisten afrikanischen Migranten bleiben auf dem Kontinent


Die Forscher schlussfolgern, dass die Migration aus den subsaharischen Staaten ein aktueller und noch begrenzter Trend ist – selbst wenn man auch die Fälle ohne Ausweispapiere berücksichtigt. Hauptsächlich weil nur wenige Menschen aus dieser Region überhaupt aus Afrika abwandern. Selbst die vielen Menschen, die in dieser Region vor Konflikten fliehen, bleiben eher auf dem afrikanischen Kontinent.


Einer Zusammenstellung von Volkszählungsdaten zufolge, die Lessault und Beauchemin verwendet haben, lebte im Jahr 2000 in einem OECD-Staat weniger als eine von hundert Personen (0,9 %), die in diesem Gebiet geboren wurde und mindestens 25 Jahre alt war. Das ist dreizehnmal weniger als der Prozentsatz an Zuwanderern aus der Subsahara-Region, die in Zentralamerika leben. (11,9 %)


Des Weiteren wird im politischen und öffentlichen Diskurs ignoriert, dass von den Wenigen, die nach Europa kommen, ein beträchtlicher Teil nur für einen begrenzten Zeitraum bleibt.


 


 


Please note that only the English version is citable as this is the version that has been approved by the author(s). Please cite the PopDigest as: Matthiesen, Sigrun (2011): Lampedusa does not Tell the Full Story: Migrants from sub-Saharan Africa are still a small minority in Europe. PopDigest 10. Berlin: Population Europe. Available at: http://population-europe.eu/pop-digest/lampedusa-does-not-tell-full-sto…. (Date of Access)


This Population Digest has been published with financial support from the Progress Programme of the European Union in the framework of the project “Supporting a Partnership for Enhancing Europe’s Capacity to Tackle Demographic and Societal Change”.