Skip to main content
Pop digests
Pop Digest

Geld ist nicht alles

Wie sich Hochqualifizierte für oder gegen Migration entscheiden

Die Anwerbung hochqualifizierter Personen aus dem Ausland stellt wahrscheinlich nicht den Königsweg zur Behebung des Arbeitskräftemangels in einigen Industriestaaten dar, dennoch gelten Wanderungsbewegungen von Fachkräften weltweit immer noch als wichtiger Motor für Produktivitätssteigerungen, Innovationen und Unternehmergeist. Auch  EU-Mitgliedsstaaten, wie z.B. die Niederlande , ziehen Reformen in betracht, um das Land attraktiver für internationale Fachkräfte  zu machen.
Image
El dinero no lo es todo
Copyright: carlosgardel - Fotolia.com

Die Anwerbung hochqualifizierter Personen aus dem Ausland stellt wahrscheinlich nicht den Königsweg zur Behebung des Arbeitskräftemangels in einigen Industriestaaten dar, dennoch gelten Wanderungsbewegungen von Fachkräften weltweit immer noch als wichtiger Motor für Produktivitätssteigerungen, Innovationen und Unternehmergeist. Auch  EU-Mitgliedsstaaten, wie z.B. die Niederlande , ziehen Reformen in betracht, um das Land attraktiver für internationale Fachkräfte  zu machen. In ihrer Studie untersuchen Anu Kõu, Leo van Wissen und Ajay Bailey, was Hochqualifizierte dazu bewegt, in die Niederlande einzuwandern. Die Ergebnisse zeigen, dass die Entscheidung für diesen Personenkreis in die Niederlande zu emigrieren  von mehr Faktoren abhängt als nur von attraktiven Stellen.


 


Zunächst beobachten die Forscher vom Population Research Centre der Universität Groningen eine Tendenz in der Fachdiskussion, die Bedeutung hoher Gehälter und anderer ökonomischer Vorteile in den Aufnahmeländern überzubewerten. Maßnahmen, die darauf abzielen, die am höchsten qualifizierten Migranten anzulocken, sollten in ihren Augen  einen umfassenderen Ansatz verfolgen, der weitere wichtige Faktoren beinhaltet. Dazu gehörenn der kulturelle Hintergrund von Migranten, ihre Normen und Werte, ihre früheren Erfahrungen und ihre Erwartungen an die Zukunft bezüglich Karrierechancen sowie auch familiäre Aspekte.


 


Internationale Fachkräfte in den Niederlanden


Um  zu den Vorreitern der EU-Wissenswirtschaft zu gehören, führte die niederländische Regierung 2004 ein spezielles Visum ein. Migranten mit national oder international seltenem Expertenwissen und einem überdurchschnittlichen Einkommen können entsprechend der Laufzeit ihres jeweiligen Arbeitsvertrags ein Arbeitsvisum für maximal fünf Jahre bekommen. Danach können sie eine Niederlassungserlaubnis beantragen. Die Ehegatten und Kinder der Fachkräfte dürfen diese in die Niederlande begleiten und können mit minimalem bürokratischem Aufwand Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse erhalten.


Diese Politikmaßnahme hat sich als recht erfolgreich erwiesen (siehe Abbildung 1): Die Zahl der Anträge, die hochqualifizierte Arbeitsmigranten in den Niederlanden eingereicht haben, stieg von ca. 3.000 im Jahr 2005 auf mehr als 10.000 im Jahr 2008. Damit wuchs der Prozentsatz hochqualifizierter Migranten unter allen Arbeitsmigranten von 15 auf fast 50 Prozent.


Zu dieser Gruppe gehören vor allem junge Männer aus Indien (30 Prozent), China, Japan oder der Türkei. Diesie arbeiten hauptsächlich im IKT-Sektor oder anderen Unternehmensdienstleistungen (30 Prozent) oder im Industriesektor (13 Prozent). Nur 8 Prozent sind im Bereich Bildung und Forschung beschäftigt, was angesichts der Lissabon-Konvention und der Vereinbarungen von Barcelona zur Förderung des internationalen Austauschs in diesen Bereichen eine recht niedrige Zahl ist.


 


Familie und Freunde: wichtige Faktoren für hochqualifizierte Migranten


Die Entscheidung zu migrieren hat einen beträchtlichen Einfluss auf andere Aspekte des Lebenslaufs und umgekehrt. Zum einen heiraten Migrationswillige möglicherweise früher als sonst, um Nutzen aus Visabestimmungen für ihre Ehepartner zu ziehen, oder heiraten hingegen in späterem Alter als ihre nicht-migrierenden Pendants, um zunächst bei ihrer Arbeitsstelle im Ausland Fuß zu fassen. Zum anderen werden unter Umständen wichtige Entscheidungen, wie z.B. eine Familiengründung, aufgeschoben. Familie und Freunde sind also wichtige Faktoren, bei der Entscheidung von Fachkräften für eine neue Arbeitsstelle auszuwandern.


Eine weitere entscheidende Rolle spielen informelle Netzwerke: durch sie werden potenzielle Migranten oft erst auf Karriere- und Arbeitsmöglichkeiten im Ausland aufmerksam gemacht. Diese Netzwerke sind ebenso bedeutend wie z.B. die  Unterstützung durch Berufsverbände, denn sie können im Zielland auch immaterielle Unterstützung bieten. Diese „weichen Faktoren“ können den Ausschlag für die genaue Ortswahl geben oder ob eine hochqualifizierte Person überhaupt migriert.


Ein besseren Verständnis darüber, was solche Netzwerke ausmacht und wie sie funktionieren , kann daher Staaten, die Fachkräfte aus dem Ausland anwerben möchten, bei der Gestaltung ihrer Politikmaßnahmen helfen, beispielsweise Informationskampagnen oder materielle und immaterielle Unterstützungsprogramme.


 


 


Abbildung 1: Applications for a first residence permit submitted after the introduction of the special visa for ‘knowledge migrants’, 2005 – 2008*

*(First 6 months of 2008)x2


 


 


Please note that only the English version is citable as this is the version that has been approved by the author(s). Please cite the PopDigest as: Frosch, Katharina (2012): Money isn't Everything: How the highly-skilled decide whether or not to migrate. PopDigest 19. Berlin: Population Europe. Available at: http://population-europe.eu/pop-digest/money-isnt-everything. (Date of Access)


This Population Digest has been published with financial support from the Progress Programme of the European Union in the framework of the project “Supporting a Partnership for Enhancing Europe’s Capacity to Tackle Demographic and Societal Change”.