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Benachteiligt oder nicht?

Die Krise und ihre Auswirkungen auf Immigranten

Haben die jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen einen stärkeren Einfluss auf Immigranten als auf Einheimische? Und falls Immigranten schneller und stärker darunter zu leiden haben, liegt das daran, dass sie Zuwanderer sind oder an besonderen Eigenschaften, durch die sie sich von Einheimischen unterscheiden? Adriano Paggiaro, Dozent für Wirtschaftsstatistik an der Universität Padua, suchte nach Antworten auf diese Fragen und verglich einheimische und zugewanderte Erwerbstätige anhand von Längsschnittdaten aus der italienischen Arbeitskräfteerhebung.  
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Défavorisés ou non ?
Copyright: carlosgardel

Haben die jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen einen stärkeren Einfluss auf Immigranten als auf Einheimische? Und falls Immigranten schneller und stärker darunter zu leiden haben, liegt das daran, dass sie Zuwanderer sind oder an besonderen Eigenschaften, durch die sie sich von Einheimischen unterscheiden? Adriano Paggiaro, Dozent für Wirtschaftsstatistik an der Universität Padua, suchte nach Antworten auf diese Fragen und verglich einheimische und zugewanderte Erwerbstätige anhand von Längsschnittdaten aus der italienischen Arbeitskräfteerhebung.


 


Als Letzter angeheuert, als Erster gefeuert


Auf den ersten Blick scheinen Migranten dieselben Charakteristika aufzuweisen wie die anderen Gruppen, die am ehesten ihre Arbeitsplätze während einer Rezession verlieren. Sie sind oft in zyklischen Branchen wie dem Baugewerbe beschäftigt und gehören mit größerer Wahrscheinlichkeit zu den Zeitarbeitern oder befinden sich in befristeten Beschäftigungsverhältnissen. Darüber hinaus scheint das „als Letzter angeheuert, als Erster gefeuert“-System Zuwanderer zu benachteiligen. Aber welche Ergebnisse liefert ein Vergleich von Zuwanderern mit „ähnlichen“ einheimischen Arbeitskräften, die dieselben Merkmale aufweisen?


 


Nur Vergleichbares miteinander vergleichen


Das Hauptziel von Paggiaro ist ein Vergleich von Zuwanderern und Einheimischen auf dem italienischen Arbeitsmarkt, die ähnliche Eigenschaften aufweisen und zu überprüfen, ob immer noch Unterschiede zwischen beiden Gruppen zu beobachten sind, selbst wenn die Arbeitnehmer nach einem sogenannten Matching-Verfahren verglichen wurden. Dieses „Matching“ bzw. Angleichen erfolgte in Bezug auf bestimmte Kriterien, die mithilfe der Methode des Propensity Score Matchings zusammengefasst wurden.


Im Fokus standen die folgenden Merkmale: individuelle demografische Variablen (wie Alter, Region, Bildung, Personenstand), Haushaltsmerkmale, Bildungsniveau sowie Merkmale der ausgeübten Tätigkeit, wie beispielsweise Art der Tätigkeit und des Arbeitsvertrags, die Branche und die Unternehmensgröße. Der Autor berücksichtigte auch die Arbeitsmarktbedingungen des vorherigen Jahres sowie allgemeine Lebenserfahrungen. Auf diese Weise, verglich Paggiaro in seiner Studie Einheimische und Zuwanderer, die denselben oder einen sehr ähnlichen Propensity Score aufwiesen. Die Analyse umfasste Dreimonats-Zeiträume der Jahre 2007 und 2009.


 


Unterschiede bei Männern und Frauen


Interessanterweise stellte Paggiaro fest, dass männliche Zuwanderer mit größerer Wahrscheinlichkeit arbeitslos werden als Einheimische. Vielmehr scheint die Rezession nur männliche Arbeitnehmer zu betreffen. Im Jahr 2007 war es für männliche Zuwanderer wahrscheinlicher, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Nach dem Abschwung änderten sich die Bedingungen sowohl für Einheimische als auch für Zuwanderer, wobei Letztere stärker betroffen waren. Dies lag vor allem daran, dass männliche Arbeitnehmer in den am stärksten von der Krise betroffenen Branchen überrepräsentiert waren (Tabelle 1).



Tabelle 1: Übergangsrate Beschäftigung


 


Das Gegengenteil gilt für weibliche Arbeitnehmer, weil diese vorwiegend in Branchen beschäftigt sind, die weniger stark betroffen waren. Im Jahr 2009 verringerte sich für Arbeitnehmerinnen sogar die Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu werden.


Werden nur vergleichbare männliche Arbeitnehmer miteinander verglichen, so ist es im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit arbeitslos zu werden, irrelevant ob es sich um Einwanderer oder Einheimische handelt. Nach dem Matching-Verfahren erweisen sich die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen als vernachlässigbar. Ähnlich wie bei den Männern, verschwinden auch zwischen einheimischen und zugewanderten Frauen beinahe alle Unterschiede, wenn in Bezug auf ihre Merkmale eine Matching erfolgt ist (siehe Tabelle 2 für 2009, die Ergebnisse für 2007 sind ähnlich).



Tabelle 2: Durchschnittliches Ergebnis nach drei Monaten


 


Gleich gemacht


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die durchschnittlichen Unterschiede zwischen Einheimischen und Zuwanderern verschwinden, wenn nur vergleichbare Arbeitskräfte miteinander verglichen werden. Durch das Matching-Verfahren verringern sich die Unterschiede zwischen Zuwanderern und Einheimischen stark und sind danach in fast allen Fällen nicht mehr signifikant. Damit macht es hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit in der Wirtschaftskrise arbeitslos zu werden keinen Unterschied, ob es sich um Einwanderer oder Einheimische handelt, wenn man nur solche Arbeitnehmer miteinander vergleicht, die auch vergleichbar sind. Paggiaro betont, dass diese Ergebnisse nicht den Schluss zulassen, es gäbe überhaupt keine Diskriminierung von Zuwanderern, sondern nur zeigen, dass zwischen merkmalsgleichen Arbeitskräften keine Unterschiede aufgrund des Zuwandererstatus vorhanden sind. Auch verweist er darauf, dass diese Untersuchung nur einen Teil der Wirklichkeit abbildet, da sie sich nur auf solche Zuwanderer in Italien bezieht, die einen Arbeitsplatz haben.


 


 


Please note that only the English version is citable as this is the version that has been approved by the author(s). Please cite the PopDigest as: Robles, Isabel (2013): Disadvantaged or Not? The recent downturn and its effect on immigrants. PopDigest 42. Berlin: Population Europe. Available at: http://population-europe.eu/pop-digest/disadvantaged-or-not. (Date of Access)


This Population Digest has been published with financial support from the Progress Programme of the European Union in the framework of the project “Supporting a Partnership for Enhancing Europe’s Capacity to Tackle Demographic and Societal Change”.