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Ähnliche Ziele, unterschiedliche Auswirkungen

Familienpolitik im Kontext niedriger Geburtenraten und Sozialstruktur

Vergleichende Studien über die Auswirkungen familienpolitischer Maßnahmen in unterschiedlichen Staaten, lassen häufig die Unterschiede der jeweiligen Sozialstruktur außer Acht. Das überrascht umso mehr, wenn man bedenkt, dass in der Fertilitätsforschung sozialen Netzwerken eine zentrale Bedeutung bei der Erklärung eines Kinderwunsches zugeschrieben wird.
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Objectifs similaires, conséquences différentes
Copyright: Tyler Olson

Vergleichende Studien über die Auswirkungen familienpolitischer Maßnahmen in unterschiedlichen Staaten, lassen häufig die Unterschiede der jeweiligen Sozialstruktur außer Acht. Das überrascht umso mehr, wenn man bedenkt, dass in der Fertilitätsforschung sozialen Netzwerken eine zentrale Bedeutung bei der Erklärung eines Kinderwunsches zugeschrieben wird. Thomas Fent, Belinda Aparicio Diaz und Alexia Prskawetz berücksichtigen im Rahmen eines agentenbasierten Modells den Einfluss sozialer Effekte auf die Entscheidung, Kinder zu bekommen und untersuchen, ob und in welchem Umfang die Effektivität von familienpolitischen Maßnahmen durch die Sozialstruktur beeinflusst wird.

Die Autoren unterscheiden dabei zwischen pauschalen Maßnahmen, beispielsweise eine Einkommensunterstützung aller Familien, und proportionalen Maßnahmen, wie bedürftigkeitsabhängige Unterstützung und staatlich subventionierte Kinderbetreuung. Ihre Simulationen zeigen, dass beide Formen familienpolitischer Maßnahmen positive Effekte auf die Geburtenrate einer Generation haben (abgeschlossene Kohortenfertilität) als auch auf die Anzahl der Kinder, die eine Frau gerne haben würde (intendierte Fertilität). Auch die Differenz zwischen intendierter und tatsächlicher Geburtenzahl (Fertilitätslücke) wird durch familienpolitische Regelungen minimiert. Während proportionale Maßnahmen einen größeren Einfluss auf die intendierte Kinderanzahl zeigen, wirken sich pauschale Maßnahmen beinahe gleichermaßen auf alle drei untersuchten Fertilitätsaspekte aus.

 

Der Einfluss von Freunden und Familie

Auch soziale Netzwerke und Einflüsse haben Auswirkungen auf den Kinderwunsch: In ihren Modellen beruht der Mechanismus, der das soziale Netzwerk eines Individuums bestimmt, auf sozio-ökonomischen und demografischen Ähnlichkeiten. Familienbeziehungen und Verwandtschaft werden ebenfalls berücksichtigt, da alle Agenten mit ihren Müttern und Kindern verbunden sind. Der Einfluss des sozialen Netzwerks zeigt sich auf zwei Dimensionen: dem Ausmaß, in dem Individuen ihre Meinung ausdrücken oder bestimmte Verhaltensweisen zeigen, sowie der Nähe und Stärke einer Beziehung. Die Autoren fanden heraus, dass enge und starke Beziehungen zwischen Netzwerkpartnern einen positiven Einfluss auf den Kinderwunsch und dessen Umsetzung ausüben: ein erhöhter sozialer Druck von Eltern, Verwandten und Freunden erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau ein weiteres Kind plant. In diesem Zusammenhang könnten familienpolitische Maßnahmen eine untergeordnete Rolle spielen.

 

Soziale Strukturen beeinflussen die Wirksamkeit politischer Regelungen          

Im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen Sozialstruktur und Familienpolitik zeigt das Modell, dass eine Zunahme der intendierten Fertilität aufgrund proportionaler politischer Maßnahmen stärker durch soziale Effekte beeinflusst wird, als eine Zunahme der intendierten Fertilität aufgrund von pauschalen Maßnahmen. Geht es jedoch um die direkten Auswirkungen, d.h. einen Anstieg der gesamten Kohortenfertilität und eine reduzierte Fertilitätslücke, scheinen die Effekte pauschaler Maßnahmen anfälliger für soziale Einflüsse als solche proportionaler Regelungen. In einem sozialen Umfeld, das dazu ermutigt, Kinder zu haben, reduzieren pauschale Maßnahmen die Fertilitätslücke effektiver, während proportionale Maßnahmen die intendierte Fertilität erhöhen.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass familienorientierte Maßnahmen nur dann erfolgreich sind, wenn sie die Besonderheiten der Gesellschaft, in der sie Anwendung finden, explizit berücksichtigen. Die Missachtung sozialer Strukturen resultiert in einer Überbewertung des Einflusses pauschaler Maßnahmen auf die abgeschlossene Kohortenfertilität und auf die Fertilitätslücke sowie in einer Unterbewertung des Einflusses proportionaler Maßnahmen auf die abgeschlossene Kohortenfertilität und die intendierte Fertilität. Darüber hinaus führt sie zu einer Überbewertung des Einflusses proportionaler Maßnahmen auf die Fertilitätslücke.

 

 

Please note that only the English version is citable as this is the version that has been approved by the author(s). Please cite the Digest as: Vono de Vilhena, Daniela and Matthiesen, Sigrun (2014): Similar Goals, Different Effects: Family policies in the context of low fertility and social structure. FamiliesAndSocieties Digest 5. Berlin: Population Europe. Available at: http://population-europe.eu/pop-digest/similar-goals-different-effects. (Date of Access)

This Population Digest has been published with financial support from the Progress Programme of the European Union in the framework of the project “Supporting a Partnership for Enhancing Europe’s Capacity to Tackle Demographic and Societal Change”.