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Vom Baby-Boom zum Großeltern-Boom

Alterungsindikatoren erreichen voraussichtlich menschheitsgeschichtlich ungekannte Höhen.

In allen europäischen Staaten altert die Bevölkerung, dies aber mit beträchtlichen Unterschieden hinsichtlich Ausmaß, Geschwindigkeit und Timing. Auf der Grundlage von Eurostat-Prognosen aus dem Jahr 2010 erläutert Giampaolo Lanzieri, Leiter der Eurostat-Abteilung Demografie, Zensus und Prognosen, staatenspezifische Unterschiede innerhalb Europas.
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Vom Baby-Boom zum Großeltern-Boom
Copyright: Borrelia   

In allen europäischen Staaten altert die Bevölkerung, dies aber mit beträchtlichen Unterschieden hinsichtlich Ausmaß, Geschwindigkeit und Timing. Auf der Grundlage von Eurostat-Prognosen aus dem Jahr 2010 erläutert Giampaolo Lanzieri, Leiter der Eurostat-Abteilung Demografie, Zensus und Prognosen, staatenspezifische Unterschiede innerhalb Europas. Der Autor zieht den Schluss, einige nord- und westeuropäische Staaten könnten zwar bereits den Höhepunkt des Alterungsprozesses erreicht haben, aber andere, vor allem in Süd- und Osteuropa gelegene Staaten, müssten bald mit den Auswirkungen des rasch anwachsenden Anteils älterer Personen umgehen.


 


Europa im Zeitraum von 1960 bis 2060


Bei der Untersuchung des Alterungsprozesses in Europa zwischen 1960 und 2060 – einem Zeitraum, der als Lebensspanne der sogenannten Baby-Boom-Kohorte gilt – setzt Lanzieri vier Alterungsindikatoren ein. Dabei handelt es sich um den Medianwert des Alters, den Prozentsatz der Personen ab 65 Jahren, den Prozentsatz der Personen ab 80 Jahren sowie den Altersabhängigenquotienten (old age dependency ratio — OADR).


Sämtliche Indikatoren zwischen 1960 und 2010 stiegen generell an, und für die nächsten fünfzig Jahre wird ein weiterer Anstieg auf beispiellose Werte prognostiziert. Es bestehen jedoch Unterschiede hinsichtlich Timing und Geschwindigkeit. Bei dem Anstieg des Medianalters könnte in einigen nord- und westeuropäischen Staaten bereits eine Verlangsamung einsetzen. Demgegenüber wird wohl in den nächsten dreißig Jahren der Anteil der ältesten Alten in fast allen europäischen Staaten weiterhin rasch zunehmen (siehe Abbildung 1).


 


 



 


Abbildung 1: Logistische Funktionen für den relativen Anstieg der Durchschnittswerte ausgewählter Alterungsindikatoren für alle Staaten (Basisjahr 1960, Wendepunkte – der Moment, in dem aus der Beschleunigung eine Verlangsamung wird – durch Kreise gekennzeichnet)


 


Prognosen zufolge wird der Bevölkerungsanteil älterer Menschen mit 80 oder mehr Jahren bis 2060 in den meisten europäischen Staaten bei etwa 10 Prozent liegen. Das entspricht einer Steigerung um den Faktor 9 gegenüber dem Anteil der ältesten Alten von 1-2 Prozent zu Beginn des untersuchten Zeitraums. Aus diesem Grund erscheint es dem Autor naheliegend, dass „uns möglicherweise ein Großeltern-Boom bevorsteht“. Er begründet diese Behauptung mit der prognostizierten Veränderung des Verhältnisses von jung zu alt von 3:1 im Jahr 1960 zu 1:2 im Jahr 2060. Die Europäer werden vermutlich weniger Geschwister und Cousins und Cousinen haben als Großeltern, eine Verschiebung, die als Vertikalisierung der familiären Verwandtschaftsstruktur bekannt ist.


 


Von Nordwesten nach Südosten


Die drei Staaten, die im Jahr 2010 die ältesten Bevölkerungen aufwiesen (bei gemeinsamer Berücksichtigung aller vier Indikatoren), waren Italien, Deutschland und Schweden. Doch während Italien beispielsweise erst Anfang des 21. Jahrhunderts das höchste Medianalter in Europa verzeichnete, ging Schweden in den 1960er und 1970er Jahren in Führung. Deutschland hingegen erreichte in den 1980ern das höchste Medianalter in Europa und wird Prognosen zufolge in den nächsten drei Jahrzehnten an der Spitze bleiben.


 



Abbildung 2: Länder über oder unter dem Durchschnitt des Medianalters in den Jahren 1960 und 2060


 


Für Europa wird sich das Bild aller Wahrscheinlichkeit nach ab 2040 ändern. Dann wird für Lettland und Rumänien das höchste Medianalter erwartet, während Schweden eine der jüngsten Bevölkerungen haben könnte. Das deutet auf eine geografische Verschiebung von Nordwesten nach Südosten hin (siehe Abbildung 2). Dasselbe räumliche Muster wird deutlich, wenn man die drei anderen Alterungsindikatoren betrachtet. Die höchste Geschwindigkeit für die Zunahme des OADR wurde zum Beispiel zuerst in den meisten nordeuropäischen Staaten beobachtet, dann in einigen der westeuropäischen Staaten und soll prognosegemäß gegen Ende des untersuchten Zeitraums in Osteuropa zu verzeichnen sein. Bei Zusammenfassung aller Indikatoren außer dem Medianalter wird erwartet, dass Deutschland, Polen, Rumänien und die Slowakei zu den Staaten gehören, die sich am ehesten einem raschen Alterungsprozess gegenübersehen.


 


Ein hohes Alterungstempo bedeutet weniger Zeit für sozioökonomische Anpassungen


Lanzieri führt an, die Zunahme der Geschwindigkeit sei vor allem ein wichtiges Thema für politische Entscheidungsträger, weil sie weniger Zeit für die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen lässt, die die Auswirkung der Bevölkerungsalterung abfedern sollen. Ferner fordert der Autor die Politiker derjenigen Staaten, die sich einer raschen Zunahme des Anteils älterer Menschen gegenübersehen, nachdrücklich dazu auf, von den Staaten zu lernen, die Alterung bereits in der maximalen Größenordnung erlebt haben und sich voraussichtlich wieder in Richtung einer jüngeren Bevölkerung bewegen.


 


 


 


Please note that only the English version is citable as this is the version that has been approved by the author(s). Please cite the PopDigest as: Conkova, Nina (2012): From Baby Boom To Grandparent Boom: Ageing indicators are expected to reach values never before observed in human history. PopDigest 26. Berlin: Population Europe. Available at: http://population-europe.eu/pop-digest/baby-boom-grandparent-boom. (Date of Access)


This Population Digest has been published with financial support from the Progress Programme of the European Union in the framework of the project “Supporting a Partnership for Enhancing Europe’s Capacity to Tackle Demographic and Societal Change”.